Im Mittelpunkt der Arbeiten des Bildhauers Robert Stieve steht die figürliche Tradition in der Bildhauerei, mit der und gegen die er arbeitet. "Die physische Präsenz, die von der
bildhauerischen Darstellung des menschlichen Körpers ausgeht, hat mich nie losgelassen", sagt Robert Stieve. Und verbunden mit der These von Umberto Eco, dass man die gesamte Ethik auf dem
Respekt vor dem Körper gründen könne, ist sie Motor seiner Auseinandersetzung mit der menschlichen Figur.
Über den Rückgriff auf tradierte Ausprägungen figürlicher Kunst, fragt er nach der Gültigkeit und dem Wandel der Menschenbilder und Darstellungsformen und wirft Fragen auf, zum Verhältnis
von Identität, Individuum, Körper und Subjekt.
Ohne auf ein Modell oder Entwürfe zurückzugreifen, schlägt er die Körper in einem dialogischen Prozess aus dem Block heraus. Die sichtbar bleibenden Werkzeugspuren verweisen auf diesen
Arbeitsprozess als einem Wechselspiel von Zerstören und Gestalten. Die fragmentarische Form und das Prinzip des "Non-finito" bewahren den Figuren eine Offenheit der Interpretation und spiegeln
die Ambivalenz menschlichen Daseins. Ähnlich geht er bei den in Beton abgegossenen, modellierten Figuren vor, die sich im Werden schon wieder aufzulösen scheinen. Auch bei seinen
Papierarbeiten spürt man den Bildhauer. Indem er Material wegnimmt, durch Schneiden, Ritzen und Schaben, erzeugt er Papierschnitte und Grattagen. Und die gezeigten druckgrafischen Arbeiten
basieren auf aus erstarrendem Wachs modellierten Druckstöcken. Die erzeugten Schraffuren geben den Figuren Körperlichkeit und stören sie wieder. Erinnern aber auch an Bilder sich überlagernder
Wellen und Schwingungen.